Normannisches Reich

Normannisches Reich
Normannisches Reich
 
Um die Jahrtausendwende kamen normannische Pilger und Söldner nach Süditalien und unterstützten die einheimischen Fürsten im Kampf gegen die Araber. Die süditalienischen Herrschaften und auch die Päpste warben in der Normandie weitere Söldner an, und im Jahre 1030 ließ sich der Normanne Reinulf mit der Grafschaft Aversa belehnen, wodurch die normannische Herrschaftsbildung in Süditalien eingeleitet wurde. In der Folgezeit gingen weitere Gruppen von Neuankömmlingen unter Führung der Familie der Hautevilles zu einer Politik der offenen Eroberung der einheimischen byzantinischen und langobardischen Herrschaften über. Als Papst Leo IX. versuchte, zugunsten des langobardischen Fürstentums Benevent gegen die Normannen vorzugehen, erlitt sein Heer bei Civitate (1053) eine vernichtende Niederlage; er selbst geriet in normannische Gefangenschaft.
 
Nikolaus II. entschloss sich zu einer folgenschweren Kehrtwendung in der päpstlichen Normannenpolitik, als er 1059 Graf Richard von Aversa mit Capua und den Normannenführer aus der Hauteville-Familie, Robert Guiscard (»Schlaukopf«), mit Kalabrien, Apulien sowie Sizilien, das allerdings erst von den Arabern erobert werden musste, belehnte. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Roger gelang es Robert Guiscard 1061, Messina als erste Stadt Siziliens den Arabern zu entreißen; 1091 war die Eroberung der Insel abgeschlossen, die Robert Guiscard noch zu seinen Lebzeiten Roger I. überließ. Anders als in Unteritalien, wo es die Normannen mit territorial zersplitterten Gebieten zu tun hatten, konnte Roger in Sizilien die monarchische Verwaltung der Araber und damit auch eine kundige einheimische Beamtenschaft übernehmen.
 
Als Roger I. starb (1101), war sein Sohn noch im Kindesalter; erst 1112 gelangte er als Roger II. zur selbstständigen Herrschaft. Nach langjährigen Kämpfen mit seinen unteritalienischen Verwandten und gegen den Widerstand des durch ein Schisma geschwächten Papsttums gelang es ihm, 1130 seine Krönung zum König von Sizilien, Kalabrien und Apulien durchzusetzen und schließlich 1134 auch die widerstrebenden Barone Unteritaliens niederzuringen. Ein Feldzug Kaiser Lothars III. (1136/37) verlief erfolglos, und 1139 musste auch Papst Innozenz II. das sizilianische Königtum Rogers II. anerkennen. Die bedeutendste Leistung Rogers bestand in der inneren Konsolidierung des Reiches, indem er eine Gesetzessammlung (Assisen von Ariano, 1140) erließ und die Finanzverwaltung der Araber sowie die Ämter der Byzantiner übernahm.
 
Ende der vierziger Jahre richtete Roger Angriffe gegen das Byzantinische Reich selbst sowie gegen Nordafrika; in Tripolis und in Tunis konnten sich die Normannen festsetzen. Die afrikanischen Besitzungen wurden nach dem Vorbild Siziliens verwaltet und durch religiöse Toleranz und Heranziehung einheimischer Amtsträger an die Normannen gebunden. Das Königreich Sizilien ging 1194 an die Staufer über.

Universal-Lexikon. 2012.

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